Weltberühmte Fossilien aus der Welterberegion Sardona werden digital dokumentiert

Sargans, 04. Dezember 2023 Medienmitteilung UNESCO-Weltnaturerbe TektonikArena Sardona

Die Objekte aus naturwissenschaftlichen Sammlungen der Schweiz sollen virtuell vernetzt und für Forschung, Bildung und Gesellschaft besser zugänglich werden. Das ist das Ziel des ‘Schweizer Netzwerkes Naturhistorische Sammlungen’ (SwissCollNet). Es arbeiten nun 34 Institutionen aus 20 Kantonen an 44 Projekten, darunter auch Projekte in der Welterberegion Sardona.

Mit Hilfe von SwissCollNet können Kuratorinnen und Kuratoren in Schweizer Sammlungsinstitutionen ausgewählte Sammlungen ihrer Institutionen aufarbeiten und Sammlungsobjekte digitalisieren. Dieses lokal gespeicherte Wissen wird dann über eine gemeinsame Schnittstelle veröffentlicht und gepflegt und kann dadurch vielseitig und langfristig genutzt werden. In den kommenden Jahren entstehen so aus den naturwissenschaftlichen Sammlungen weltweit miteinander vernetzte, digitale Wissens- und Forschungsplattformen.

Die Naturwissenschaftliche Sammlung des Kantons Glarus hat sich zum Ziel gesetzt, die berühmten Glarner Fossilien aus dem Landesplattenberg bei Engi systematisch digital zu erfassen. Das Naturmuseum St. Gallen möchte die Höhlenbärenreste von fünf Fundstellen in der Ostschweiz digitalisieren, darunter auch die phänomenalen Funde der Drachenloch-Höhle (SG), mitten im UNESCO-Welterbe Tektonikarena Sardona.

“Wir sind stolz, gleich mit mehreren Projekten in der Welterberegion Sardona vertreten zu sein", sagt Thomas Buckingham, Projektleiter Geologie bei der Tektonikarena Sardona. “Für uns ist die Forschung am geologischen und kulturellen Erbe der Region ein zentrales Anliegen, da die spannenden Funde durch Digitalisierung der Forschung, Bildung und auch den Museen rund um die Welt einfacher zugänglich werden.”

Es wird nun bis Mitte 2024 an der einheitlichen Dokumentation der wertvollen Objekte gearbeitet. Ein beträchtlicher Teil der finanziellen Mittel fliesst in die digitale Datenerfassung der Objekte, insbesondere durch hoch aufgelöste Fotos. Die Institutionen erhalten die Mittel nur gesprochen, wenn sie Eigenleistungen oder finanzielle Mittel in derselben Höhe in das Projekt stecken, dies wird von SwissCollNet jährlich kontrolliert.

Projekt Digitale Dokumentation der berühmten Glarner Fossilien aus dem Landesplattenberg Engi

Projektleitung: Naturwissenschaftliche Sammlung des Kantons Glarus
Kontakt: Fritz Rigendinger (fritz.rigendinger@gl.ch)

Die Glarner Fossilien sind in der ganzen Welt bekannt und auf Dutzende von Institutionen, Museen und Sammlungen verteilt. Die erste schriftliche Erwähnung der Schiefer stammt aus dem Jahr 1279. Die Schiefer, in denen die Glarner Fossilien gefunden werden, sind ein dunkles Gestein, das bis 1961 industriell abgebaut wurde. Sie wurden vor allem als Dachschiefer, Schreib- und Wandtafeln verwendet.

Die ersten Aufzeichnungen der Fossilien gehen auf Johann Jakob Scheuchzer aus dem Jahr 1708 zurück. Bei den meisten der etwa 3000 gefundenen Exemplare handelt es sich um Knochenfische, während die berühmtesten und seltensten Exemplare drei Exemplare einer Meeresschildkröte und zwei eines Vogels sind. In Schweizer Sammlungen sind ca. 2200 Exemplare nachgewiesen, davon 1150 in der Sammlung des Kantons Glarus. Darunter befinden sich viele Fossilien von grosser internationaler Bedeutung für die Paläontologie.
An der Einordnung der Fossilien in systematische Kategorien (Taxonomie) und den Beschreibungen der Exemplare wird seit Dutzenden von Jahren in Glarus und durch externe Institutionen mit mehreren Experten gearbeitet. Dennoch wurden die Glarner Fossilien bisher nicht systematisch fotografiert und in einer gemeinsam zugänglichen digitalen Datenbank dokumentiert. Dieses Projekt hat zum Ziel dies zu ändern, indem eine digitale Bibliothek und eine einheitliche Beschreibung für die Glarner Fossilien in der ganzen Schweiz geschaffen werden.

Projekt: Digitalisierung von Höhlenbärenresten aus fünf Höhlen in der Ostschweiz

Projektleitung: Naturmuseum St. Gallen
Kontakt:  Martina Pacher (martina.pacher@naturmuseumsg.ch)

Im Naturmuseum St. Gallen lagern Höhlenbärenreste aus den bekannten Höhlenfundstellen Drachenloch (SG), Wildkirchli (AI), und Wildenmannlisloch (SG). Diese wurden von 1903 bis 1927 durch Emil Bächler und sein Team ausgegraben. Die Sammlung ist von grossem wissenschaftlichem Wert, aber auch historisch interessant, handelt es sich doch um die ersten hochalpinen Fundstellen in denen eiszeitliche Tierreste und Steingeräte gefunden wurden. Den-noch ist nur ein kleiner Teil der Funde wissenschaftlich untersucht. Mehr als 100 Jahre nach der Bergung kann die wertvolle Sammlung von Emil Bächler erstmals für die Forschung zugänglich gemacht werden, wodurch auch der Einsatz der Ausgräber am Beginn des 20. Jahrhunderts gewürdigt wird. Die erst vor kurzem geborgenen Funde der Apollohöhle (GR) und der Geissbachhöhle (GL) sind im Projekt eingeschlossen. Alle Fundstücke der fünf Höhlen der Ostschweiz werden gereinigt, wenn nötig konserviert und einheitlich nach modernen Standards inventarisiert und digitalisiert.

Das Projekt ist ein wesentlicher Beitrag, um der wissenschaftlichen und historischen Bedeutung hochalpiner Fundstellen in Hinblick auf unser Verständnis der klimatischen Verhältnisse und der menschlichen Entwicklung im Eiszeitalter gerecht zu werden. Die Funde werden leichter vergleichbar und können als Grundlage für Forschung am Schnittpunkt zwischen Paläontologie und Archäologie dienen. Sie tragen wesentlich zur weltweiten Verfügbarkeit und Bedeutung von paläontologischen und archäologischen Sammlungen aus der Eiszeit in der Schweiz bei.

Bildlegende:
Bild 1: Die erste, um 1850 gefundene Glarner Meeresschildkröste Glarichelys knorri. Der 10 cm lange Rückenpanzer ist durch die alpine Gebirgsbildung asymmetrisch deformiert. (Bild: PIMUZ)
Bild 2: Sprattus scheuchzeri, ein nach dem Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733) benannter, 12 cm langer Hering aus dem Landesplattenberg Engi. (Bild: PIMUZ)
Bild 3: Martina Pacher bei der Arbeit an den Höhlenbären Knochen (Foto: Leo Boesinger)
Bild 4: Höhlenbären Knochen, die nach der Präparation zum Trocknen ausliegen (Foto: Leo Boesinger)

Kontakt
Thomas Buckingham, Geologe, Wissenschaftlicher Projektleiter
Tel.: 079 514 13 36