Fridlisfüür

Wo die grossen Feuer brennen

Zum Namenstag des heiligen Fridolins

Im 6. Jahrhundert gründete der irische Wandermönch Fridolin das Kloster Säckingen und christianisierte – so die Vita – das Glarnerland. Im Gedenken an das Wirken seines Landespatrons wurden im Kanton Glarus Generationen von Knaben auf diesen Namen getauft und jeweils am 6. März – dem Namenstag des heiligen Fridolin – wurden in mehreren Dörfern Feuer angezündet. Vermutlich ist das Fridolinsfeuer aber kein rein christlicher Brauch. Vielmehr werden seine Ursprünge in der vorchristlichen Zeit vermutet.

Allerheiligen gegen den Fridolinsgtag
Nach der Reformation waren im Glarnerland auch die sogenannten Neugläubigen, die Reformierten, verpflichtet, die Namenstage der Heiligen zu beachten. So konnte sich der Fridolinstag als kirchlicher Feiertag bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts halten, obwohl er mehrmals in Frage gestellt worden war. 1973 schliesslich beschloss die Landsgemeinde, den Fridolinstag abzuschaffen und stattdessen Allerheiligen (1. November) für beide Konfessionen zum kirchlichen Feiertag zu erheben. Der Brauch der Fridolinsfeuer hingegen wird bis heute gelebt und gepflegt. Doch nicht überall im Glarnerland herrscht derselbe Eifer. In einigen Dörfern schlief der Brauch zwischendurch ein, doch gelang in den 1980er-Jahren in Netstal und Näfels nach mehreren Jahrzehnten der Nichtbeachtung eine Wiederbelebung.

Welches brennt am längsten?
Das Fridolinsfeuer war an sich Sache der Jugend. Ursprünglich nur den Knaben vorbehalten, durften später auch die Mädchen daran teilhaben. Schon Wochen zuvor sammelten und erbettelten die Schulkinder Holzreste, transportierten diese auf Leiterwagen und Veloanhängern auf die Feuerstätte und türmten sie zu einem mächtigen Holzstoss auf. Am Abend des 6. März wurden die Feuer angezündet. Die Jugendlichen schwangen brennende Fackeln und tanzten um das Feuer herum. In grossen Gemeinden wurden häufig mehrere Feuer errichtet und zwischen den «Herstellern» herrschte harte Konkurrenz. So brannten am 6. März 1928 allein in Glarus und Ennenda sechzehn Fridolinsfeuer. Das Ziel war, nicht nur das höchste Feuer, sondern auch jenes zu haben, das am längsten brannte respektive zuletzt gelöscht wurde.

Sofas sollen nicht auf den Stoss
Immer öfter jedoch mussten die Gemeindebehörden ein Auge auf diese Holzstösse haben, denn was da angekarrt und verbrannt wurde, war alles andere als umweltverträglich. Halbe Sofas, Matratzen, Bettgestelle und Nachttischchen wurden auf diese Weise unentgeltlich entsorgt. In Abständen werden seither die Holzstösse vom kantonalen Amt für Umwelt begutachtet und die Gemeinden haben genau festgelegt, was verwendet werden darf. Diese Vorgaben haben zur Folge, dass heute hauptsächlich die Gemeinden das Holz (Abfälle aus Sägereien, Christbäume) zur Verfügung stellen. Die Gugelfuhren der Schulkinder von einst sind aus dem Dorfbild verschwunden. In einigen Dörfern entstanden mit der Zeit Variationen dieses Brauchs.

Die Bilder und Texte aus dem Buch «Lebendiges Glarnerland» über Glarner Bräuche, Feste und Traditionen wurden freundlicherweise vom Baeschlin Verlag zur Verfügung gestellt. Geschrieben wurden sie von Susanne Peter-Kubli und fotografiert von Sasi Subramaniam. Vielen Dank!

Fotos bei den Ortschaften 2022:
Gemeinde Glarus Süd: dorfsool.ch
Gemeinde Glarus: Werner Beerli
Gemeinde Glarus Nord: Hans Speck